Koyasan

Es gibt noch 1000 Tempeln in Kyoto und genug Sehenswürdigkeiten in und um Osaka herum um uns einen Monat lang zu beschäftigen. Leider ist unsere Zeit in Osaka aber um, darüber trösten wir uns mit dem Tempelkomplex Koyasan hinweg, welches auf einem Plateau gebaut wurde das wiederum von 8 Berge umgeben ist. Koyasan wurde im Jahre 816 von Kobo Daishi, der wichtigsten religiösen Figur Japans, gegründet und beherbergt auch sein Grab, dazu umfasst es mehr als 110 Tempeln. Was uns hier außer einer längeren Anreise und Tempeln erwartet sind zwei Punkte auf die wir uns schon sehr gefreut haben: Schlafen in einem Shukubo, das ist ein Tempel der auch Zimmer anbietet, und shojin-ryori, vegetarisches Tempelessen, da müssen wir uns ausnahmsweise weder selbst ums Essen kümmern noch uns fragen wieviel Prozent vom Essen tatsächlich tierfrei sind.

Zuerst kommt aber die Anreise nach Koyasan, der normale Weg führt über 2 bis 4 Züge zum Fuße des Mt. Koyasan, von dort gibt es eine Seilbahn und einen Bus in die Stadt. Wir machten es ein bisschen anders und sind auf einem kurzen Pilgerweg rauf gewandert, statt die Seilbahn und den Bus zu nehmen. Der Weg war teilweise gepflastert, teilweise führte er über einen schmalen, hübschen Pfad durch den Wald.

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Die erste Sehenswürdigkeit an der wir vorbei gekommen sind war die Koya-Nanakuchi, die einzige noch existierende Nyonindo (Frauenhalle) von den 7, die an jedem Eingang zu Koyasan gebaut wurden. Frauen war es nämlich früher verboten, Koyasan zu betreten, sie durften nur bis zum Eingang kommen und konnten in einem extra für Frauen eingerichteten Schrein beten. Dem gegenüber steht der Otake-Jizo, eine Buddha Statue, die von einer Frau 1745 an Koyasan gespendet wurde nachdem sie im Nyonin-do gebetet hatte.

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Koya-Nanakuchi

Danach betraten wir beide Koyasan und spazierten zur nächsten Sehenswürdigkeit, dem Tokugawa Mausoleum, das aus zwei gleich aussehenden Gebäuden für die beiden ersten Shoguns besteht. Das Mausoleum war zwar hübsch anzusehen, nachdem es aber recht klein war haben wir wahrscheinlich mehr Zeit mit der Katze verbracht, die sich davor auf einer Bank gesonnt hat.

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Unser nächstes Ziel war der Tempel Kongobuji der gleich aus zwei Gründe berühmt ist: innen gibt es bemalte Schiebetüren, die Szenen aus dem Leben Kobo Daishis und seiner Ausbildung in China darstellen und außen befindet sich der größte Steingarten Japans. Die bemalten Schiebetüren fanden wir nicht besonders detailliert aber teilweise doch hübsch anzusehen, fotografieren und abmalen war auch hier verboten. Der Steingarten war dafür nett, da man auf der Tempelterrasse recht lange an ihm entlang spazieren konnte.

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Kongobuji

Nach Kongobuji war keine Zeit mehr für ein weiterer Tempel, denn Einchecken in unserem Shukubo, Yochi-in, ist nur von 15 bis 17 Uhr möglich, um das frisch zubereitete Essen warm auf dem Tisch zu bekommen. Beim Einchecken erfuhren wir allerdings, dass das von uns reservierte Zimmer mit Gartenblick nicht verfügbar war, stattdessen haben wir eines mit Sicht auf die Straße bekommen. Allerdings, wurde uns erklärt, sieht man von dort immerhin auf den ehemaligen Tempelgarten, nach dem der Tempel auch benannt wurde (Tempel mit Kirschbäume die sich im Teich spiegeln). Tatsächlich konnten wir auch von unserem Fenster aus über den Nachbarszaun die Kirschbäume sehen, der Teich dürfte den neuen Besitzer nicht behaltenswert erschienen sein. Der Tourismusstudent, Yuta, der gerade in Koyasan sein Praktikum machte, war auf jeden Fall sehr bemüht uns vieles auf Englisch zu erklären.

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Als nächstes erfuhren wir, dass genau an diesen zwei Tagen in Koyasan eine Feier zum Todestag von Kobo Daishi gefeiert wird, mit Programm spät am Abend und am nächsten Morgen, was natürlich eine einzigartige Chance ist. Dadurch, dass aber die meisten Tempelmitarbeiter auch an der Feier teilnehmen würden, gibt es auch weniger Service als ursprünglich angekündigt, und sowohl Abendessen als auch Frühstück würden in einem gemeinsamen Essensraum serviert statt im Zimmer, was uns allerdings nicht allzu sehr störte.
Nach einem kurzen Entspannen im Onsen (ca. 3 Minuten für mich) gab es auch schon Abendessen, das uns bereits erwartete als wir als erste pünktlich im Essensraum ankamen. Die einzelnen Speisen wurden uns im Detail von Yuta auf Englisch erklärt, inklusive ihrer geschichtlichen Bedeutung, zum Beispiel, dass die Mönche anfangs nicht wussten, wie man Tofu macht und deswegen eine einfache Alternative, Sesamtofu, stattdessen aßen. Mal abgesehen davon, dass das Essen leider schon kalt war wie wir angekommen sind, war es interessant zu sehen was die Japaner und vor allem die Mönche unter vegetarischem Essen verstehen: es war auf jeden Fall alles ohne Fisch und Fleisch, dafür aber auch ohne Zwiebel, Knoblauch und sonstigen Gewürze. Ein paar Favoriten konnten wir dem Essen abgewinnen, hauptsächlich die stärker gewürzten Speisen, wie das eingelegte Gemüse. Nachdem wir am letzten Tag in Japan einen vegetarischen Kochkurs gebucht haben, bei dem shojin-ryori gekocht wird, sind wir sehr auf den Vergleich gespannt.

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shojin-ryori

Kurze Zeit nach dem Abendessen sind wir schon wieder aus dem Tempel rausspaziert, um im nicht weit entfernten Tempelkomplex Garan die Feier zu besuchen. Am Vorabend von Kobo Daishis Todestag wurde in allen Tempeln gebetet und Blumen und Kerzen gespendet. Als wir ankamen gab es gerade eine Tanzvorstellung, zu Mönchsgesang tanzten fünf Frauen in Kimonos mit langsamen Bewegungen einen Fächertanz.
Nachdem die Vorstellung zu Ende war, betraten wir den Haupttempel und hörten eine Zeitlang dem monotonen, hypnotisierenden Mönchsgebet zu. Nach kurze Zeit war mir die unbequem kniende Position genug, Markus hätte allerdings noch stundenlang dem Mönch zuhören können. Sobald wir wieder unsere Schuhe gefunden hatten, sind wir eine schöne, von Laternen gesäumte Straße bis zum Markt vorspaziert. Dort gab es verschiedenes zum Essen, bis auf die Süßigkeiten alles mit Fisch oder Fleisch, für die armen Touristen die im Tempel nur Gemüse essen durften.

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Am Weg zurück zum Tempel haben auch wir jeweils eine Kerze und Blumen bekommen, die wir Kobo Daishi spenden sollten. Kurz bevor wir den Platz der Opfergabe erreichten, sahen wir Koyasans Masköttchen, und ließen uns auch damit fotografieren – Party machen wie echte Japaner, das können wir. Spass beiseite, die Atmosphäre war sehr besonders, und wir freuten uns richtig, dass wir zufällig an diesem Tag unsere Tempelübernachtung geplant hatten. Nichtsdestotrotz, wir hatten nach ein paar Stunden alles gesehen, sodass wir um 9 als unser Tempel die Pforten schließ schon im Bett waren.

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Tag 2:
Am nächsten Tag mussten wir richtig früh aufstehen, da wir kurz nach 6 angezogen und wach im Gebetsraum sein sollten, um die seltene Chance wahrzunehmen, einer morgendlichen Gebetszeremonie beizuwohnen. Wir bekamen schon am Eingang englische Unterlagen, die den Teil der Zeremonie beschrieben, bei dem man mitmachen musste. Bevor wir den Gebetsraum betraten, bekamen wir noch Pulver zum Einreiben der Hände, danach konnten wir gemütlich auf Sesseln vor der Petroleumheizung sitzen und uns die Unterlagen durchlesen. Der Inhalt wurde auch von dem englischsprachigen Mönch nochmal erklärt, dann begann das Morgengebet. Währenddessen betete der Mönch Sutras vor und schlug zu bestimmten Zeitpunkten entweder einen Gong, oder zwei sehr unmelodisch scheppernde Zimbeln aneinander, mittendrin deutete er uns, wir sollten der Reihe nach ein Gewürzpulver als Opfergabe verbrennen, danach rezitierten wir mit ihm gemeinsam das Herz Sutra, zuerst auf Englisch und dann auf Japanisch. Sobald das Gebet zu Ende war erklärte er uns noch ein bisschen was zum Thema Shingon Buddhismus und erwähnte auch das Programm für das aktuell stattfindende Fest, bevor er uns zum Frühstück entließ. Dieses war ähnlich dem Abendessen, auch diesmal wurde uns das Essen erklärt und die neuen Speisen hervorgehoben.

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Nach dem Frühstück checkten wir gleich aus, da um 9 das nächste Ziel feststand: am Grab von Kobo Daishi würde es eine Zeremonie geben, die auf jeden Fall sehenswert sein soll. Dahin spazierten wir zu Fuß, zuerst durch das Dorf, anschließend durch den Friedhof, bis wir genau rechtzeitig zum Start der Prozession ankamen.

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Nachdem die Priester und die Mönche, die verschiedene Heiligtümer und Objekte trugen, vorbei zogen, gesellten wir uns auch zu den nachfolgenden Menschenmassen. Die Zeremonie war, ohne Japanisch und die Hintergründe zu kennen, nicht zu verstehen. Wir haben den Ablauf nicht verfolgen und ich zumindest wegen den Menschen vor mir auch nicht viel sehen können. Uns gefielen die melodischen Gesänge jedoch auch ohne Hintergrundwissen.

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Am Rückweg durch den Friedhof hatten wir dann Zeit, uns genauer umzuschauen, es war sehr schön, den alten, schönen Wald und die bemoosten Grabsteine, von denen einige Erklärungstafeln auf Englisch hatten, zu betrachten. Unter anderem war am Weg auch ein „Koshikake Ishi“ genannter Stein, auf den einst Kobo Daishi gesessen haben soll, einige neu glänzende Firmengräber und alte, fast verfallene Gräber von Feudalherren aus dem 16. Jahrhundert.

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Wir verließen Koyasan wieder wandernderweise durch das Daimon Gate, welches den traditionellen Eingang zu Koyasan und das Ende der Pilgerreise markiert.

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Durch leichten Regen und schönen Wald spazierten wir zum nächsten Bahnhof, von wo wir den Zug nach Osaka nahmen. Erwähnenswert sind noch die ganzen Wespen- und Bärenwarnungsschilder auf dem Weg, wir haben keine Bären gesehen, worüber Markus sehr traurig war.

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